Kann man den Umgang mit starken Gefühlsäußerungen innerhalb von einem Tag trainieren? Zumindest konnte ich den Teilnehmern beim Workshop „Der Tanz auf dem Vulkan“ des Bundesverband Mediation e.V. Regionalgruppe Rhein Main Neckar innerhalb eines Tags erfolgreich vermitteln, welche Bedeutung ich der Wahrnehmung und der Übersetzung von starken Gefühlsäußerungen für den Mediationsprozess beimesse. Um der Sache pfiff zu geben, habe ich die Methode anhand echter Teilnehmererlebnisse ausprobieren lassen. Über meine eigenen starken Gefühlserlebnisse beim Workshop „Der Tanz auf dem Vulkan“ in Frankfurt erzähle ich hier in Form meiner persönlichen Top Ten-Liste…
Workshop bei der Regionalgruppe Rhein Main Neckar
- Am Tag der Anreise nehme ich bis 17 Uhr an einer Besprechung teil. Weil mein Zug erst um 18.15 Uhr geht, checke ich im Konferenzraum noch locker meine Mails. Bei Einsteigen in die U-Bahn erfahre ich, dass ich wegen einer Streckensperrung auf dem Weg zum Bahnhof drei Mal umsteigen muss. Ich gerate in leichte Panik. Gehetzt treffe ich am Bahnhof ein. Um 18.10 Uhr erreiche ich die Rolltreppe zum Bahnsteig. Ich bin erleichtert. Alles wird gut.
- Ich verpasse den ICE-Sprinter aber trotzdem, weil der Zug schon vor zehn Minuten losgefahren ist. Es ist die Rückfahrt, die um 18.15 Uhr startet, ich habe das verwechselt. Ich bin enttäuscht, mit mir selbst unzufrieden und traurig, denn nun werde ich erst spät ins Hotelbett kommen. Mir entgeht dringend benötigte Erholung.
- Am Morgen werde ich von Flugzeuglärm geweckt. Ich bin müde und genervt, wünsche mir Ruhe und Schlaf.
- Ich tappe ins Bad suche erfolglos den vermaledeiten Lichtschalter. Erst bin ich überrascht und verärgert, dann zunehmend erheitert und albern. Das Badezimmer wirkt auf mich wie ein Foto, auf dem der Lichtschalter wegretuschiert wurde. Mich fasziniert besonders der Seifenspender. Er sieht einem Lichtschalter zum verwechseln ähnlich. Ich drücke ihn wieder und wieder, aber immer kommt Seife statt Licht heraus. Grade als ich die Suche aufgeben will, entdecke ich den Lichtschalter hinter einer Schrankwand im Flur. Meine Beharrlichkeit hatte einen Sinn.
- Der Workshop bei der Regionalgruppe Rhein Main Neckar Bundesverband Mediation beginnt pünktlich. Ich kenne keine Seele und fühle mich auf der Bühne etwas verloren und allein. Deshalb frage ich als erstes nach den Wünschen der Teilnehmer. Durch die zahlreichen Antworten entsteht Kontakt, ich erhalte wichtige Informationen über die Bedürfnisse der Anwesenden und werde schnell zum Teil der Gruppe. Leichtigkeit setzt ein. Ich bin erstaunt und entzückt, wie viele Fragen zu meiner Arbeit in Unternehmen gestellt werden. Ich bin begeistert, wie viele Menschen ein bedürfnisorientiertes Miteinander im Berufsleben vorantreiben wollen und die damit verbundenen Werte mit mir teilen.
- Ich veranstalte die ersten Lernspiele: „Stille Post mit Gefühlen“ aus dem Buch „Der Tanz auf dem Vulkan“ und das „Bedürfnis-Scribble“. Bei der „Stillen Post mit Gefühlen“ wird viel gelacht und auch mich ergreift Ausgelassenheit und Heiterkeit. Beim „Bedürfnis-Scribble“ gewinnt eine Vierergruppe, die in kürzester Zeit beeindruckend viele Bedürfnisbegriffe dicht miteinander verschachtelt und dadurch „Sonderpunkte“ einsackt. Stolz überreiche ich den Gewinnern Frühstücksbrettchen mit GFK-Motiven.
- Mittagspause: Ich stehe vor der DFB-Zentrale, die unmittelbar an der Sporthochschule angrenzt. Das Allerheilige für jeden Fan der Nationalmannschaft. Hier werden die Entscheidungen getroffen, die mein Leben als Kicker-Abonnent ausmachen: Wer wird der neue Bundestrainer? Werden technische Hilfsmittel zugelassen, um zu entscheiden, ob der Ball hinter der Torlinie war? Ich bin aufgeregt und brauche unbedingt ein Erinnerungsfoto.
- Nach dem Mittagessen geht es zur Sache. Wir arbeiten in Kleingruppen und im Plenum am Thema „Umgang mit starken Gefühlsäußerungen“. Die erste Kleingruppenarbeit zu „Anklagen gegen abwesende Dritte“ demonstriere ich gemeinsam mit dem Coach und Berater Andreas Derbogen (danke für die Bilder!). Bei der darauffolgenden Betreuung der Kleingruppen kann ich bei den Teilnehmern der Regionalgruppe Rhein Main Neckar viele Aha-Effekte auslösen. Ich fühle mich energetisiert und freue mich über den Erfolg. Bei der nachfolgenden Übung zu „Angriffen gegen das Mediationsteam“ wähle ich ein Echtfallbeispiel, das sich als zu komplex für dieses eintägige Training heraus stellt. Ich bedauere das, denn die Komplexität hindert mich daran, das Lernziel präzise zu vermitteln. Obwohl mich das Thema sehr neugierig gemacht hat, frage ich nach einem zweiten Beispiel aus dem Publikum. Bei diesem Beispiel gelingt der Transfer ad hoc, ich bin zufrieden. Gemeinsam mit den 40 anwesenden Teilnehmern erarbeite ich Schritt für Schritt, welche Kraft Empathie im Umgang mit Vorwürfen gegen die eigene Person entfalten kann.
- Höhepunkt des Workshops bei der Regionalgruppe Rhein Main Neckar Bundesverband Mediation ist die Übung „Umgang mit Eskalation zwischen zwei Streitparteien im Rahmen einer Mediation“. Das ist aufregend: ein spontanes Rollenspiel mit sechs (mir unbekannten) Akteuren vor großem Publikum. Es gilt die Methode klar zu vermitteln, Themen für die verschiedenen Übungsrunden zu improvisieren, die Akteure im Rollenspiel zu coachen, Fragen auf der Meta-Ebene zu beantworten und das Ganze für das Publikum nachvollziehbar zu moderieren. Wir haben alle trotz der Aufregung Spaß. Gleichzeitig spüre ich den hohen Energieverbrauch, es ist ein Höchstmaß an Konzentration und Präsenz, dass ich abrufen muss.
- Der Workshop der Regionalgruppe Rhein Main Neckar Bundesverband Mediation ist vorüber. Ich verabschiede mich von Christine Oschmann und Hans-Jürgen Rojahn. Ich bin berührt von der Fürsorge und Herzlichkeit, die beide mir entgegen bringen. Die Kommunikation im Vorfeld und die Gestaltung vor Ort habe ich als aufmerksam und unterstützend erlebt. Die Zuwendung und die Ruhe im Umgang war für mich vom Empfang bis zur Verabschiedung ein einziges Verwöhnprogramm. Wie schön es ist, bei solchen Menschen zu Gast zu sein. Ich danke den Gastgebern und allen Besuchern der Regionalgruppe Rhein Main Neckar für das zum Ausdruck gebrachte Interesse und die damit verbundene Wertschätzung.
Dank an die Regionalgruppe Rhein Main Neckar
Bonusgefühl: Ich stehe nervös vor dem Seminarzentrum, denn das Taxi zum Bahnhof kommt nicht. Die Zeit ist schon knapp. Wenn ich den Zug nicht schaffe, kann ich mit meiner Frau den Hochzeitstag nicht mehr feiern. Plötzlich hupt es neben mir und ein Workshop-Teilnehmer der Regionalgruppe Rhein Main Neckar fragt mich, ob er mich zum Bahnhof mitnehmen kann. Ich bin dankbar und erleichtert. Ich genieße die die spontane Verbindung und die Wertschätzung, die ich im Gespräch erlebe. Ich erreiche Zug und Hauptstadt in Time und drücke meiner Frau die Dankbarkeit für die vielen gemeinsamen Ehejahre durch einen Strauß Blumen vom Frankfurter Bahnhof aus.
Links zur Regionalgruppe Rhein Main Neckar
Hier geht es zur Homepage der Regionalgruppe Rhein Main Neckar…
Neugierig geworden auf Workshops mit Al Weckert?
In meinen Seminaren zum Thema „Grundlagen der Gewaltfreien Kommunikation“, „Methoden der Empathie“, „Der Tanz auf dem Vulkan“ und in meiner berufsbegleitenden Ausbildung „Mediation in Unternehmen und Organisationen“ trainiere ich u.a. die Wahrnehmung und den Ausdruck von Gefühlen und Bedürfnissen. Das Buch zum Thema „Tanz auf dem Vulkan“ finden Sie auf meiner Website oder im Online-Buchhandel.