Stern-Interview mit Al Weckert: Mediation zum Bahnstreik sinnvoll?

Freitagmorgen klingelt das Telefon. Daniel Bakir von der Stern.de-Redaktion möchte wissen, ob ich bereit wäre zwischen der Deutschen Bahn und der Lokführergewerkschaft GDL zu vermitteln. Ich muss mich zwicken. Träum ich noch oder vermittle ich schon? Erleichtert begreife ich, dass es sich nur um eine hypothetische Frage handelt. Herr Bakir bittet im Auftrag seiner Leser um eine fachmännische Einschätzung, ob Mediation das geeignete Verfahren für die Klärung dieses Konflikts ist. Die Bahnfahrer möchten endlich wieder sorgenfrei Fahrten planen können. Ich kann diese Frage nur allzu gut verstehen. Das vergangene Bahn-Jahr war auch für mich der Horror. Bei vielen Mediationen wusste ich noch am Vortrag nicht sicher, ob ich pünktlich würde anreisen können. Jetzt soll ich also Auskunft geben: „Wer kann die Streithähne Bahn und GDL zur Vernunft bringen?“
Zugegeben. Diese Frage hat nichts mit Mediation zu tun. Ob Bahn und GDL unvernünftig handeln, ist keine Frage für einen Mediator. Mediatoren sind auch keine Erfüllungsgehilfen der Bahnfahrer. Aber die dahinterliegende Frage ist spannend und berechtigt. Kann das Verfahren der Mediation Bewegung in diese ungewöhnlich lang und konfrontativ geführte Auseinandersetzung bringen? Meinen spontane ehrliche Antwort: „Woher soll ich das wissen?“ habe ich später aus dem Manuskript streichen lassen. An dieser Stelle heißt es jetzt: „Ich möchte mich nicht festlegen, dass Mediation in diesem Fall sinnvoll ist.“ Die Parteien haben aus meiner Sicht schon einen überraschend hohen Imageschaden und immense Kosten in Kauf genommen.

Eine Mediation braucht für ihr Gelingen gewisse Voraussetzungen. Entweder streben beide Seiten konstruktiv eine Einigung an. Oder die mit dem Konflikt verbundenen Risiken treiben die Streitparteien an den Verhandlungstisch. „Spielt die Bahn auf Zeit, da vielleicht im Sommer ein neues Tarifgesetz kommt? Die GDL wirkt manchmal so, als würde sie sogar die eigene Existenz für einen Sieg im Arbeitskampf riskieren.“

Wenn beide Konfliktparteien zu einer Mediation bereit sind, sollte man es in jedem Fall versuchen. Ich würde zu diesem Zweck ein Tandem aus einem erfahrenen Verkehrspolitiker (oder einem in Tarifstreitigkeiten beschlagenen Juristen) und einem versierten Mediator empfehlen. Der Mediator würde darauf achten, dass neuer methodischer Wind in die Verhandlung kommt und die Moderation auf eine inhaltliche Steuerung verzichtet (von wegen „zur Vernunft bringen“). Der Verkehrspolitiker oder Verwaltungsfachmann kann zwischen den Zeilen lesen. Er spricht die Sprache der Beteiligten und kann als „Agent of Reality“ besser einschätzen, auf welchem Weg sich die Verhandlung befindet.

Ein komplementäres Duo dieser Art müsste darüber hinaus bereits durch manche Verhandlung gestählt sein und dürfte sich bisher nicht öffentlich zu den Bahnstreiks geäußert haben, um als neutral gelten zu dürfen. Diese Thesen (und noch viel mehr) können Sie im Stern.de-Interview nachlesen. Die Sternleser haben das Interview auf Platz 5 der Leserfavoriten geklickt. Dafür vielen Dank, liebe Stern-Leser/innen.

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