Stimmungsbild in Gruppen herstellen: Die 1-Minute-Methode

21. Januar 2014

Wenn Sie in einem Seminar unglaublich schnell die Stimmung der Teilnehmer abfragen wollen, können Sie die Teilnehmer auffordern ein Stimmungsbild zu malen. Verteilen Sie an jeden Teilnehmer einen großen Malblock und legen Sie Stifte und bunte Kreiden in die Mitte des Raumes. Fordern Sie die Teilnehmer dazu auf, innerhalb von einer Minute ein Bild davon zu malen, in welcher Stimmung sie sich gerade befinden. Nach Ablauf von einer Minute laden Sie die Teilnehmer dazu ein, der Gruppe ihr Bild zu zeigen und kurz davon zu berichten, was das Bild aussagt. In diesem Blog sehen sie einige Beispiele, warum sie mit der Methode Stimmungbild zu erstaunlichen Resultaten gelangen.

Stimmungsbild ohne Bild

Das nebenstehende Bild zeigt die Gemälde des Trainerteams im dritten Modul unserer Mediationsausbildung in Wiesloch. Das Bild von Mediationsausbilderin Verena Hutschenreuter zeigt viele bunte Farben, in deren Mitte sich einige schwarze Blöcke befinden. Verena Hutschenreuter erzählte dazu, dass sie sich in einer fröhlichen Grundstimmung befände, aber aktuell mit einigen organisatorischen Problemen (schwarze Farbe) zu kämpfen habe. Die Probleme seien aber klar identifiziert und abgegrenzt, deshalb die klare Blockbildung in einem deutlichen Rahmen. Das Bild von mir (Mediationsausbilder Al Weckert) ist blanko weiß. An diesem Morgen befand ich mich in einer solch aufgeräumten Stimmung, dass ich dem Seminar völlig unvoreingenommen und offen entgegentreten wollte.

Stimmungsbild mit Überraschungsmoment

Normalerweise male ich bei dieser Methode immer fröhlich drauf los. Der Verzicht auf das Malen ergab sich durch Selbsteinfühlung. Ich spürte eine angenehme Leere in mir, die ich als innere Freiheit empfand. Darüber hinaus spürte ich, dass ich mit ganz viel Energie für die Anliegen der Teilnehmer da war – eine Art Resonanzfläche oder Spiegel für die Lernschritte der Anwesenden.

Ganz anderes verhält es sich bei nebenstehendem Stimmungsbild, dass ich in meiner Fortbildung zum Komplementärberater bei Königswieser Network anfertigte. Vor meiner Anreise in Wien hatte ich einige wichtige Entscheidungen getroffen. Als ich im Seminar eintraf, wurde ich von einem Gefühl der Ordnung getragen. Im Mittelpunkt des Bildes steht die klare Struktur.

Was zunächst wie ein Organigramm wirkt, kam mir bei der näheren Betrachtung wie ein Flugobjekt vor, das gerade abhebt. Deshalb malte ich das Feuer von Düsen unter das Organigramm. Man könnte auch Lunten hinein interpretieren, die gerade angezündet wurden. Beim Betrachten wurde mir bewusst, dass ich durch meine Entscheidungen neue Energie für den Beruf und das Privatleben getankt hatte.

Die Form der Lunten und des Feuer erinnerten mich jedoch auch an Kerzen. Spontan drehte ich das Bild um. Sofort hatte ich das Bild eines Geburtstagskuchens vor Augen. Ich spürte, dass ich die neue Situation durch die Struktur und die damit verbundene Problembewältigung innerlich feierte. Meine Stimmung war eine Mischung aus frischer Energie und feierlicher Freude.

Stimmungsbild als Seminarmethode

Beide Beispiele zeigen, wie gut und effizient man mit inneren Bildern arbeiten kann. Diese Arbeit ist eine Form der Achtsamkeit. Es geht um das vorurteilslose und wertfreie Betrachten dessen, was in uns ist. Als ich das Bild mit den Kerzen umdrehte, applaudierte die Gruppe vor Überraschung. Den Applaus reichte ich an mein Unterbewusstsein weiter, denn das Bild war nicht geplant, sondern hatte sich innerhalb von 60 Sekunden geformt. Das aus-sich-heraus-Treten und sich selbst betrachten kann man üben. Durch das Training der Gewaltfreien Kommunikation und das wiederholte Innehalten und Schauen, wie es mir und anderen gerade geht, formt sich ein „Breitband-Panorama“ für das, was ist.

In unseren Seminaren fördern wir die Selbstwahrnehmung, damit Führungskräfte und Mediatoren in die Lage versetzt werden, auch dann Gelassenheit und Präsenz an den Tag legen zu können, wenn die Umwelt bei der Konfliktbearbeitung in Stress und Aufruhr gerät. Das Mediationsteam behält einen kühlen Kopf.

Die Methode des Stimmungsbildes können Mediatoren auch hervorragend einsetzen, um die Stimmung ihrer Klienten zu erfragen. Viele Menschen können sich mit einem Bild viel klarer artikulieren, auch wenn sie vorher sagen, sie könnten nicht malen. Ich erinnere mich an eine Pflegerin, die bei der Mediation einer Krankenhausstation ihr ganzes Bild pechschwarz malte. Diese Bild brach mit seiner Direktheit ein Tabu. In der Folge sprachen alle Anwesenden laut und deutlich ihre Anliegen aus – die Betroffenen kamen direkt zur Sache. Für das Mediationsteam ergab sich daraus sehr viel Zeitersparnis.

Probieren Sie es aus!

Seminare mit Al Weckert und Verena Hutschenreuter

Al Weckert und Verena Hutschenreuter leiten eine jährlich startende berufsbegleitende Mediationsausbildung in der Akademie in Wiesloch. Außerdem bieten wir einen Grundlagen der Gewaltfreien Kommunikation, das Training „Tanz auf dem Vulkan“ zum Umgang mit starken Emotionen und ein Methodenseminar zur Förderung der Empathiefähigkeit an (Methodenkoffer Empathie).

© Al Weckert

Fotos: Arne Kramer, Al Weckert